Mich bewegt beim Lesen von Berichten über Hass gegen russische Bürger, dass die Geschichte der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland in Vergessenheit gerät, Geschichte vor unserer Haustür.
Zur Erinnerung und Gedenken befassen sich seit Jahren Ebersdorfer Schüler mit der Ge-schichte des Kriegsgefangenenlagers Chemnitz-Ebersdorf (1. Weltkrieg) und mit dem Schicksal der 2014 auf dem restaurierten und neu aufgestellten Gräberfeld 785 bestatteten Soldaten aus Russland, Belgien, England und Italien. 2016 bot die Chemnitzer Kunst-sammlung im Schloßbergmuseum die Ausstellung „Kriegsgefangene Völker“. Es wurde unter anderem gezeigt, dass jene Kriegsgefangene in Ebersdorf in verschiedenen Industriefirmen aber auch im Theater, Handwerk und Gewerbe von Chemnitz beschäftigt waren und versuchten, den Bedingungen etwas Alltägliches abzugewinnen. Diese Forschungen und Präsentationen dienten einem völkerverbindenden Anliegen, hatten aber offensichtlich keine feindlich gesinnte Absichten und Handlungen der Soldaten aus dem Zarenreich als Hintergrund. Wie unfair und geschichtsvergessend sind solche Hasstiraden gerade jetzt direkt gegen russisch sprechende Menschen aus und in unserer Mitte? Im jüngst in unserer Stadt begangenen Chemnitzer Friedenstag – Gedenken sehe ich jedenfalls alle Opfer eingeschlossen.Auch jene Bürger, die als Zivilisten oder als Kriegsgefangene, auf fremder deutscher Erde durch einen Bombenangriff oder Artilleriebeschuss den Tod fanden, nachdem sie zur „Arbeit“ in der Rüstungsindustrie verschleppt und gezwungen wurden.
Unter dem Eindruck des Kriegsendes gedachten die Chemnitzer Bürger bei der Beerdigung ihrer Mitmenschen auch diesen Opfern, so z.B. in den Kirchgemeinden Glösa und Adelsberg und nahmen 2005 Modernisierungen auch an diesen Kriegsgräbern vor.
Schlimm genug, dass diese in Deutschland und in Chemnitz „zur Vernichtung durch Arbeit“ bestimmten Menschen nie eine Chance zur Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse hatten, sie wurden auch noch gedemütigt, die Folgen dieses von ihnen nicht begonnenen Krieges zu beseitigen. Zu guter Letzt waren sie auch noch für Aufräumarbeiten zur Wiederher-stellung des Nahverkehrs und anderer Versorgungsbereiche der Stadt z.B. in den Stadt-teilen Siegmar-Schöna und Rabenstein gut genug. Krieg ist immer die Folge falscher Politik, deshalb sollten wir nicht übereinander her fallen.
Peter Blechschmidt, Chemnitz